Sternkundige natürlicher Weise dadurch hätten veranlasset werden sollen, der Erklärung einer solchen Erscheinung mit Aufmerksamkeit nachzuspüren.
Weil die Sterne nicht auf die scheinbare hole Himmelssphäre gesetzet sind, sondern einer weiter als der andere von unserm Gesichtspunkte entfernet, sich in der Tiefe des Himmels verlieren: so folget aus dieser Erscheinung, daß in den Entfernungen, darinn sie einer hinter dem andern von uns abstehen, sie sich nicht in einer nach allen Seiten gleichgültigen Zerstreuung befinden, sondern sich auf eine gewisse Fläche vornemlich beziehen müssen, die durch unsern Gesichtspunkt gehet, und welcher sie sich so nahe als möglich zu befinden bestimmet sind.
Diese Beziehung ist ein so ungezweifeltes Phänomenon, daß auch selber die übrigen Sterne, die in dem weißlichten Streife der Milchstrasse nicht begriffen sind, doch um desto gehäufter und dichter gesehen werden, je näher ihre Oerter dem Cirkel der Milchstrasse sind, so, daß von den 2000 Sternen, die das blosse Auge am Himmel entdecket, der größte Theil in einer nicht gar breiten Zone, deren Mitte die Milchstrasse einnimmt, angetroffen wird.
Wenn wir nun eine Fläche durch den Sternenhimmel hindurch in unbeschränkte Weiten gezogen gedenken, und annehmen: daß zu dieser Fläche alle Fixsterne und Systemata eine allgemeine Beziehung ihres Orts haben, um sich derselben näher
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/68&oldid=- (Version vom 31.7.2018)