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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Mersina u. Adana. 13. Dez.      Eine christenfeindliche Bewegung war sowohl für Mersina, als auch für Tarsus für diesen Tag mit ersichtlichen Vorbereitungen vonseiten der Muhammedaner geplant. Der Lieutenant-Colonel Effad Bey zerstreut die Ansammlungen des Pöbels.      Nazim Bey, Mutessarif von Mersina that sein Bestes, um die Schuldigen zu verfolgen.
Tarsus.      Ein armenischer Priester wird von einem Muhammedaner geohrfeigt.      
13. Dez.      Eine Bande Muhammedaner, bewaffnet mit eisernen Stangen, Messern und Stöcken, durcheilt die Stadt. Es gelingt Nazim Bey, unterstützt vom Kaymakam von Tarsus, dem Mufdi und einigen armenischen Notablen, sie zu arretieren. Gleichwohl sind einige Läden geplündert und zwei Armenier getötet worden.
     Die Bewegung war provoziert worden von Türken, die von Cäsarea kamen und von den Massacres in dieser Stadt berichteten, indem sie die Muhammedaner von Tarsus tadelten, nicht ebenso zu handeln.
     Der Vali versichert dem Kommandanten des französischen Kreuzers Le Linois (22. Nov.), daß im Vilajet nirgends die Ordnung gestört sei, während festzustellen ist, daß überall, wo Faïk Pascha auf seiner Rundreise durchkam, die Unruhen ausbrachen.
Missis. Mitte. Nov.      Die armenische Kirche wurde entweiht, die Frau des Priesters geschändet und der Priester selbst von den Türken unter Beihilfe der Zaptiehs ins Gefängnis geworfen. Der Angriff wurde von einem Offizier geleitet.      
Hadjin      Es kam beinahe zu einem Massacre der Christen.      
16. Okt.      Das Dorf Schahr, zwei Stunden von Hadjin, wurde von Kurden angegriffen. Die 800 Einwohner flüchteten nach Hadjin.      Der Kaymakam hatte den Befehl zum Massacre gegeben, welches nur durch die Intervention des Kahdi und Mufti verhindert wurde.
Païas. 27. Okt.      Unruhen brechen in der Stadt aus, verursacht durch die Nachricht von Massacres und Plünderung in der ganzen Gegend.      Die Christen legten bereitwillig ihre Waffen nieder unter der Bedingung, daß es die Türken auch thäten. Die Bedingung wurde jedoch nicht erfüllt. Die Soldaten sehen den Angriffen der Kurden und Muhammedaner gegen die Christen zu, ohne einzuschreiten. Junge Armenier, Knaben und Mädchen, werden als Sklaven verkauft.
11. Nov.      Die Dörfer Ojakli und Uzerli (200 Häuser) werden geplündert und niedergebrannt.      
10. Nov.      Der Flecken Burnaz wird geplündert und angezündet. Unter den Toten befindet sich ein Grieche.
300      Unter den geplünderten Dörfern sind zu nennen:
     Haschzali, wo 400 Stück Vieh und eine große Masse von Getreide geraubt werden.
      Kacze, Kurd-Kulek, Kicschebeg, Daschir-Dagh, Nadjaly und vier Gehöfte. 300 Christen wurden ermordet, die materiellen Verluste werden auf 50000 türk. Pfd. (ca. 2 Mill. Mark) geschätzt.
     
Tschok-Merzemen. 13. Nov.      Dieser Ort wird angegriffen durch Banden von muhammedanischen Kurden und Tscherkessen. ca. 6000 Christen, die den Massacres in der Umgegend entronnen waren, hatten sich dorthin geflüchtet. Die Zahl der Toten und Verwundeten ist eine sehr große. Die Einwohner, immer enger und enger eingeschlossen, liefern endlich am 21. November ihre Waffen aus unter der Bedingung, daß auch die Türken gleichermaßen entwaffnet würden. Diese Bedingung wurde nicht erfüllt.
     Nach offiziellen Quellen wären nur 8 Muhammedaner getötet und 13 verwundet. Der Zahl der Opfer unter den Armeniern geschieht keine Erwähnung.
     In der ganzen Gegend bleiben zahllose Leichname im Zustande der Verwesung unbeerdigt auf den Feldern liegen.
     Die Truppen, erst 200, dann 800 an der Zahl, wohnen dem Angriff bei, ohne ihrerseits einzuschreiten.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Leipzig 1897, Seite xx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/238&oldid=- (Version vom 22.12.2020)