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Harmonie und tiefinnere Befriedigung in uns hervorbringen? Einzig daraus, daß sich kein Ideal längst vergangener Zeit zwischen die Seele des Künstlers und die Natur drängte, daß er, unbeeinflußt von der Schönheit der Antike, unverrückbar im heimischen Boden wurzelnd, aus germanischem Gefühl und Phantasie seine Kunst sich entfalten ließ. Auch er der Schöpfer einer neuen malerischen Naturanschauung, auch er ein Entdecker einer neuen Farbenharmonie in der Welt, auch er ein Dichter, dem Stimmungen zu Gestalten werden, aber als solcher ein Friedensverkündiger, der uns von aller Schwermut des Lebens befreit, indem er uns traulich der Natur als der allezeit nahen beseligenden Freundin zuführt, das Paradies uns in jedem Augenblick und rings uns umgebend offen zeigt!

Auch solchem Vergleiche dürfen wir wichtige Belehrung entnehmen, setzt doch das eine künstlerische Schaffen das andere in helleres Licht. In dem so verschiedenen offenbart sich ein tief Gemeinsames — es wurzelt in gleichem Grunde: im deutschen Wesen. Denn von diesem künden trotz allem die Böcklinschen Schöpfungen nicht weniger als diejenigen Thoma’s. Nur eine andere Seite erschließen sie uns. Oder wäre die leidenschaftliche Sehnsucht Faustens nach Helena nicht ein unausrottbares Bedürfnis deutscher Seele? Und was anderes hat der Meister, dessen Gedächtnis wir in Verehrung feiern, geheimnisvoll und wunderbar in uns durch seine feurigen Gebilde wachgerufen, als jenes Schauspiel, welches Goethe-Faustens verzaubertem Blicke auf den pharsalischen Feldern, an den Gewässern des Peneios und in Felsbuchten des ägäischen Meeres sich darbot? Haben nicht

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Henry Thode: Arnold Böcklin (Gedenkworte). Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1905, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arnold_B%C3%B6cklin.pdf/25&oldid=- (Version vom 31.7.2018)