ihm nach – und ich hätt’ ihn beinah schon erwischt, da verwickelte ich mich mit den Füßen in den fatalen Blumenstücken, und stürzte auf einmal der Länge nach vor der Hausthür hin.
„Also Du bist es, Narr!“ hört’ ich da über mir ausrufen, „hast Du mich doch fast zum Tode erschreckt!“ – Ich raffte mich geschwind wieder auf, und wie ich mir den Sand und die Erde aus den Augen wische, steht die Kammerjungfer vor mir, die so eben bei dem letzten Sprunge den weißen Mantel von der Schulter verloren hatte. „Aber,“ sagte ich ganz verblüfft, „war denn der Maler nicht hier?“ – „Ja freilich,“ entgegnete sie schnippisch, „sein Mantel wenigstens, den er mir, als ich ihn vorhin im Thor begegnete, umgehangen hat, weil mich fror.“ – Ueber dem Geplauder war nun auch die gnädige Frau von ihrem Sopha aufgesprungen, und kam zu uns an die Thür. Mir klopfte das Herz zum Zerspringen. Aber wie erschrak ich, als ich recht hinsah und, anstatt der schönen gnädigen Frau, auf einmal eine ganz fremde Person erblickte!
Es war eine etwas große korpulente, mächtige Dame mit einer stolzen Adlernase und hochgewölbten schwarzen Augenbraunen, so recht zum Erschrecken schön. Sie sah mich mit ihren großen funkelnden Augen so majestätisch an, daß ich mich vor Ehrfurcht gar nicht zu lassen wußte. Ich war ganz verwirrt, ich machte in einem fort Komplimente, und wollte ihr zulezt gar die Hand küssen. Aber sie riß ihre Hand schnell weg, und
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/110&oldid=- (Version vom 31.7.2018)