sehen konnte, daß sie bis an die Stirn roth wurde. – „Nun denn,“ sagte Herr Leonhard, „Fräulein Flora, die hier so eben thun will, als hörte und wüßte sie von der ganzen Geschichte nichts, hatte in aller Geschwindigkeit ihr Herzchen mit Jemandem vertauscht. Darüber kommt ein Andrer und bringt ihr mit Prologen, Trompeten und Pauken wiederum sein Herz dar und will ihr Herz dagegen. Ihr Herz ist aber schon bei Jemand, und Jemands Herz bei ihr, und der Jemand will sein Herz nicht wieder haben, und ihr Herz nicht wieder zurück geben. Alle Welt schreit – „aber Du hast wohl noch keinen Roman gelesen?“ – Ich verneinte es. – „Nun, so hast Du doch einen mitgespielt. Kurz: das war eine solche Konfusion mit den Herzen, daß der Jemand – das heißt ich – mich zuletzt selbst ins Mittel legen mußte. Ich schwang mich bei lauer Sommernacht auf mein Roß, hob das Fräulein als Maler Guido auf das andere und so ging es fort nach Süden, um sie in einem meiner einsamen Schlösser in Italien zu verbergen, bis das Geschrei wegen der Herzen vorüber wäre. Unterweges aber kam man uns auf die Spur, und von dem Balkon des welschen Wirthshauses, vor dem Du so vortrefflich Wache schliefst, erblickte Flora plötzlich unsere Verfolger.“ – „Also der bucklichte Signor?“ – „War ein Spion. Wir zogen uns daher heimlich in die Wälder, und ließen Dich auf dem vorbestellten Postkurse allein fortfahren. Das täuschte unsere Verfolger, und zum Ueberfluß auch noch meine Leute auf dem Bergschlosse,
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/135&oldid=- (Version vom 31.7.2018)