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leise auf meine Thüre zu, dabei war es, als wenn zuweilen Stimmen heimlich mit einander wisperten. Ich sprang schnell an das andere Ende der Stube hinter einen großen Tisch, den ich, sobald sich etwas rührte, vor mir aufheben, und so mit aller Gewalt auf die Thüre losrennen wollte. Aber in der Finsterniß warf ich einen Stuhl um, daß es ein entsetzliches Gepolter gab. Da wurde es auf einmal ganz still draußen. Ich lauschte hinter dem Tisch und sah immerfort nach der Thür, als wenn ich sie mit den Augen durchstechen wollte, daß mir ordentlich die Augen zum Kopfe heraus standen. Als ich mich ein Weilchen wieder so ruhig verhalten hatte, daß man die Fliegen an der Wand hätte gehen hören, vernahm ich, wie Jemand von draußen ganz leise einen Schlüssel ins Schlüsselloch steckte Ich wollte nun eben mit meinem Tische losfahren, da drehte es den Schlüssel langsam dreimal in der Thür um, zog ihn vorsichtig wieder heraus und schnurrte dann sachte über den Gang und die Treppe hinunter.

Ich schöpfte nun tief Athem. Oho, dachte ich, da haben sie Dich eingesperrt, damit sie’s kommode haben, wenn ich erst fest eingeschlafen bin. Ich untersuchte geschwind die Thür. Es war richtig, sie war fest verschlossen, eben so die andere Thür, hinter der die hübsche bleiche Magd schlief. Das war noch niemals geschehen, so lange ich auf dem Schlosse wohnte.

Da saß ich nun in der Fremde gefangen! Die schöne Frau stand nun wohl an ihrem Fenster und sah über den stillen Garten nach der Landstraße hinaus

Empfohlene Zitierweise:
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)