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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

und um das Heilmittel der Buße zu bitten. Denn wer sich schämt, seine Wunde zu zeigen, bekommt den Krebs, wodurch sich der Schaden über seinen ganzen Leib ausbreitet. Wer sich dagegen nicht schämt, dessen Wunde wird geheilt, und er kann wieder in den Kampf zurückkehren. Wer sich aber den Krebs zugezogen hat, der kann nicht wieder geheilt werden und die ausgezogene Rüstung nicht wieder anlegen. So gibt es auch für den in unserem Kampfe Überwundenen dadurch eine Rettung und Heilung, daß er sagt: „Ich habe gesündigt“ und die Buße verlangt. Wer sich aber schämt, kann nicht geheilt werden, weil er seine Wunden dem Arzte nicht zeigen will, der die zwei Denare empfangen hat, wodurch er alle Verwundeten heilt.[1]

Es geziemt sich aber auch, daß ihr Ärzte, Schüler jenes unseres allerheiligsten Arztes, die Arznei den derselben Bedürftigen nicht verweigert. Wer euch seine Wunde zeigt, dem gewähret das Heilmittel der Buße; und wer sich schämt, euch sein Leiden zu zeigen, den warnet, daß er es nicht vor euch verberge! Wenn er es euch dann aufgedeckt hat, so stellt ihn nicht bloß, damit nicht um seinetwillen auch die


  1. Wir haben hier eine schöne Anspielung auf das Gleichniß vom barmherzigen Samaritaner. Dieser ist Christus, welcher den unter die Räuber Gefallenen zuerst verbindet und seine Wunden mit Öl und Wein heilt, d. h. den Menschen von der Sünde erlöst und seiner Gnade theilhaftig macht, alsdann aber ihn zur weiteren Pflege in der Herberge der Kirche zurückläßt und dem Wirthe (dem Priesterthum) zur Bestreitung der Pflegekosten zwei Denare gibt; vgl. Luk. 10, 35. Unter diesen zwei Denaren versteht Aphraates auf jeden Fall das Bußsakrament, ausserdem vielleicht auch noch die hl. Eucharistie. An Buße und Taufe zu denken, scheint deßbalb weniger zutreffend, weil die Taufe doch wohl mit der vom Samaritaner zunächst und persönlich ausgeübten heilenden Thätigkeit zusammenfällt, also nicht nochmals bei der dem Wirth übertragenen ferneren Pflege vorkommen kann.
Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koese’lsche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 087. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_087.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)