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Schon im Jahre 1807, als im schnellsten Laufe des Kaisers siegrollender Wagen vorübereilte, da ergriff mich ein heftiger Schauder, die Nerve erbebte, das Blut erstarrte. Sechs blutige Jahre waren abermals vergangen, und das siebente sollte blutiger als je enden. Ich sahe Dich wieder, Napoleon! ja ich war gezwungen Dich zu sehen, – beynahe eine ganze Stunde lang standest Du vor mir. – Mitten auf Dresdens Brücke wurden durch Volksmenge meine Berufsschritte gehemmet; Garden bildeten die Ketten, Truppen ohne Zahl marschirten vorbey; ich schlage meine Augen auf; der einfache Napoleon, umgeben von seinen glänzenden Getreuen strahlte in der einfachsten Kleidung aus ihrer Mitte.

Geist meines Geistes! verleihe mir Kräfte, gieb dem Wesenlosen einen Namen; erschöpfe die Tiefe der höchsten Rede, aber betagen kannst du das nicht, was in meiner Seele vorging. –

Mann Gottes? oder wer Dich erschaffen hat, – bist Du nur darum erschienen, um in Deinem Ehrgeitze, wie ein Giftbaum, alles was sich Dir nähert, zu zerstören? Oder bist Du das Werkzeug einer höhern Hand? bedürfen die Völker Deine strafende Geißel zur Besserung, zur Buße, zur Veränderung ihres Lebenswandels? sollte Sodoms Sündenregister durch Dich getilget werden, damit durch Feuergluth, geläutert und gereiniget, die Menschheit der Schöpfung Zweck entsprechend, wieder dastehe? –

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Carl Baumann: Kriegs- und Familienscenen 1813. , Dresden 1815, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Baumann_Kriegs-_und_Familienscenen_1813.pdf/56&oldid=- (Version vom 12.9.2022)