Seite:Berens Geschichte der Berens in Riga 1812 009.png

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langwierige Krankheit, in welcher wir jüngsten Kinder sie nach unsern Kräften pflegten. Sie hatte noch vor ihrem sehr sanften Lebensende die höchste Freude, ihren sehr geliebten dritten Sohn, Johann Christoph, wieder zu sehen, der nach vollendeten Studien in Deutschland noch eine Reise im Auslande gemacht hatte, und nach dem sehnlichen Verlangen der besten Mutter, jetzt eiligst aus Paris zurückgekehrt war, um der frommen Mutter Segen sich für seine ganze nachherige Lebenszeit zu erbitten, welcher ihm und uns allen mit entzückter Freude und himmlischer Güte zum reichsten Erbtheil gewährt wurde. Nach Gewährung dieser einzigen Bitte vom gnädigen Himmel, lebte sie noch wenige Tage in dem durch sie so glücklichen Kreise aller ihrer sie umgebenden lieben Kinder, und ging mit dem innigsten Dank zu Gott, wohin sie in der größten Fassung unsere innigste Liebe und Verehrung mit hinüber nahm, zu ihrem gnädigen, belohnenden Schöpfer und dem braven, getreuen Gatten.

Noch blieben wir 14 verwaiste Kinder ein ganzes Jahr in unserer Eltern Hause, bis von unserm ältesten Bruder das hinterlassene Vermögen derselben unter uns getheilt, und für die noch vielen Unmündigen Sorge getragen war. Mein ältester Bruder Arend, ein heller und scharf denkender Kopf, mit gleich patriotischen und wohlthuenden Gefühlen, war schon zu der Mutter Lebzeiten mit seiner leiblichen Cousine, Eva Maria Zuckerbecker, verheurathet. Sie war die älteste Tochter unserer würdigen Mutterschwester, der verwitweten Zuckerbecker, die viele Jahre nach ihres Mannes Tode mit männlicher Kraft und dem edelsten Herzen die, besonders holländische, Handlung in Assistenz ihrer braven Söhne, Johann und Thomas, mit vielem Glück fortsetzte, und den Grund zu der jetzigen Wohlhabenheit unserer nächsten Verwandten legte. Dieser Bruder erkaufte aus der Nachlassenschaft unserer Eltern Hagenshof, jenseit der Düna, das noch von unserm Großvater herstammte, nach dem Wunsche in seinem hinterlassenen Testamente, daß, wo möglich, seine unbeweglichen Besitzungen nicht aus der Familie kommen möchten. Er verband sich mit seiner Schwiegermutter Zuckerbecker in Führung ihrer Handlung, und übergab unserm zweiten Bruder Carl die väterliche Großhandlung, nebst dem von ihm ganz neu erbauten Hause neben dem unserer Eltern, oder dem jetzigen Alt-Wöhrmannschen.

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Reinhold Berens: Geschichte der Berens in Riga. Riga: Julius Conrad Daniel Müller, 1812, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Berens_Geschichte_der_Berens_in_Riga_1812_009.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)