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durch die bekannte Amalgamation einige dreißig Pud des feinsten Goldes jährlich darreichen soll. Von dieser wichtigen Bergstadt Catharinenburg ging die große Landstraße, jenseit des uralschen Gebürges, durch die sehr volk- und brotreiche Isetsche Provinz, über große Slobodden oder Flecken und große nahe beisammen gelegene Dörfer, bis zur äußersten Slobodde Korkino, an 7 bis 800 Werste, von dort aber über eine kleine Steppe bis zu der sibirischen Grenz-Vestungs-Linie, und zur ersten Hauptfestung Petri Pauli am Ischim-Fluß. Von dieser Festung hatte ich noch an 300 Werst längs dieser Linie bis zur endlichen Hauptfestung Omsk, am größeren Irtisch und kleineren Om-Fluß gelegen, zu machen, und so kam ich, in der Mitte des Märzes 1773, in dieser meiner Station bei dem General-Kommandeur der sibirischen Linie, General-Lieutenant und Ritter de Cologne, gesund und glücklich an. Schon hatte ein starkes Frühjahrs-Thauwetter in dieser Gegend, etwa unter dem 56sten Grad der Breite, den Anfang zur Auflösung des Winters gemacht, obgleich noch die schönste Winterbahn mit fadentiefem Schnee die dasige so genannte Kirgisische Steppe bedeckte; aber noch ein weit größeres Erstaunen erregte bei mir der erste Anblick unabsehbarer Heerden von allerlei Vieharten, als Kameelen, Pferden, Rindern und Schaafen, welche in diesem tiefen Schnee, wo die großen Schaafe kaum zu sehen waren, unter freiem Himmel weidend, mit ihren Vorderfüßen ihre nothdürftige Nahrung an trockenen Kräutern suchten und herausscharrten, und doch munter und frisch neben wenigen Filzhütten ihrer Herren, der dasigen nomadischen Kirgisen, herumirrten. Dennoch ernährte und vermehrte sich bei dieser sonderbaren, aber freien, einfachen Lebensart, dieses Hirten-Volk, in seiner kräuterreichen großen Steppe, von China und dem kaspischen Meere begrenzt, in außerordentlichem Maaße und mit größter Zufriedenheit. In sehnlichster Erwartung einer ärztlichen Beschäftigung war mein erstes Geschäft bei der Gemahlin des dasigen Ober-Kommandanten Brigadkerin von Klaver, die an der konsumirenden Schwindsucht laborirte, meine möglichste medicinische Hülfe noch anzuwenden. Aber leider! konnte nur noch 6 Wochen bis zu ihrer Auflösung dies traurige Leben gefristet werden. Ich übernahm jetzt das medikalische Ober-Kommando bei diesem sibirischen Korps,

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Reinhold Berens: Geschichte der Berens in Riga. Riga: Julius Conrad Daniel Müller, 1812, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Berens_Geschichte_der_Berens_in_Riga_1812_054.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)