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der Deutung auf das Papsttum. Er weiß genau, daß seine Zeit durch die dritte Schale dargestellt ist, die übrigen vier Plagen liegen noch in der Zukunft. Der Kommentar zeigt einen ingrimmigen Haß gegen die Jesuiten. Die letzten Ereignisse, welche die Apk weissagt, beziehen sich alle auf den Kampf gegen diese. Die Schrift bringt überhaupt weniger Exegese als zeitgeschichtliche Betrachtungen und ist als apokalyptisches Stimmungsbild aus der Zeit der großen Elisabeth nicht uninteressant. Dem Buch ist eine lange Abhandlung: against Bellarmin touching Antichrist angehängt. (Vgl. gegen B.: Andreas Eudaemon Johannes, Castigatio in Brightmann ap. ap.)

Josephus Mede[1] schickt seiner Auslegung einen sehr kunstvoll ausgearbeiteten Synchronismus voran, eine Methode, die später großen Einfluß errang. Er deutet dann die sechs Siegel auf die Geschichte des römischen Kaiserreichs bis Diocletian (fünftes Siegel) und Konstantin (sechstes Siegel), mit den Posaunen tritt der allmähliche Verfall des römischen Reiches ein. In der fünften Posaune findet M. die muhamedanischen Scharen, in der sechsten die Herrschaft der Türken, Tartaren und Ottomanen. Eigentümlich ist die Auffassung M.s, daß mit 10 ein neues Weissagungsbuch beginnt, zu dem das sonst so oft auf die Reformation gedeutete Kap. nur Einleitung ist. In Kap. 11 sieht er in dem Sinnbild des Messens und Hinauswerfens zwei Zeiten der Kirche angedeutet, von denen die erste die ersten 3-400 Jahre des Christentums, die letzte Periode die folgenden 1260 umfaßt, diese fällt mit ihrem Ende also über die Zeit Medes hinaus. Kap. 12 ist der Sieg Konstantins über das Heidentum geschildert. Kap. 13 ist dann das römische Reich, das siebente Haupt das Papsttum. Die sieben Schalen sind die verschiedenen Plagen, die das Papsttum in der letzten Zeit treffen. Mit der vierten Schale ist M. in seiner Zeit bei dem Siegeszug Gustav Adolphs angelangt. Die übrigen Schalen lagen also noch in der Zukunft. — Bemerkenswert ist, daß Mede das tausendjährige Reich chiliastisch als eine kurze Zeit der Ruhe nach der Besiegung des Antichrist schildert. — Wesentlich von Mede abhängig ist, wie schon Walch 763 gesehen hat, „eigentliche Erklärung über die Gesichte der Offenbarung Ioannis“ 1670

von Peganius (pseudonym); nach der Tradition Knorr v. Rosenroth (s. Walch 763.) Über

Patricius Forbesius, commentary upon the revelation. Lond. 1613. (Walch 771), der zum Teil maßvollere und vernünftigere Ansichten vorzutragen scheint, vgl. J. Marck in apoc. Praefatio XIV.

Auch die spätere Zeit wurde in England durch die den Unsinn systematisierende Methode eines Brightmann und Mede beherrscht. Ich nenne hier Durham, commentary upon the book of Revelation, Edinburgh 1680 vgl. J. Marck, in apoc. praef. XVII. Die tausend Jahre läßt D. erst mit dem Jahre 1560¹ (300 + 1260) beginnen. Sonst schließt er sich in allen Einzelheiten an Mede an. Nach G. Whiston (s. u.) gehört hierher auch

Henricus Morus, visionum apocalypticarum ratio synchronistica, Lond. 1666; expositio prophetica septem epistolarum Lond. 1699 (Walch 773). Ferner ist hier zu erwähnen:

Isaak Newton, observations upon the prophecies of Daniel and the apocalypse of St. John 1732. Newton weicht in Einzelheiten von Mede ab, z. B. deutet er die sieben Schalen synchronistisch mit den sieben Posaunen (p. 295). Im großen und ganzen aber findet man den Einfluß Medes. Wertvoll ist Newtons erste Observation, in welcher er die Abfassungszeit der Apk unter Nero ansetzt und Spuren der Apk sogar im I Petr und Hebr findet. N. war übrigens nüchtern genug, auf eine Errechnung des Endes nach der Apk zu verzichten[2]. Dagegen wandelt wieder ganz in den Bahnen von Mede:

Whiston, an essay on the revelation of St. John 1706¹. 1744². In der ersten Auflage berechnet er den Beginn des tausendjährigen Reiches auf 1715 (nach Walch 776).


  1. Clavis apocalyptica una cum commentario in Apoc. Cantabr. 1627 (nach Walch), ich benutzte eine Ausgabe von 1649. Der Clavis folgte 1632 sein (mir unbekannter) Kommentar zur Apk. Elliott, Horae apocal. IV 469.
  2. Gegen Newton polemisierte Whiston in „six dissertations“ 1734 (Lücke 1036,2).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 090. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S090.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)