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Cherubim und Ophanim; das sind die, welche nicht schlafen“ und I Hen 39,12: „Dich preisen die, welche nicht schlafen, sie stehen vor deiner Herrlichkeit, preisen, rühmen und erheben dich, indem sie sprechen: Heilig, heilig ist der Herr der Geister, er füllt die Erde mit Geistern.“ ἅγιος ἅγιος ἅγιος[1] κύριος ὁ θεὸς ὁ παντοκράτωρ, ὁ ἦν καὶ ὁ ὢν καὶ ὁ ἐρχόμενος (1,8; 11,17). Der Lobgesang lehnt sich an Jes 6,3 (ἅγιος α. α. κύριος σαβαώθ) an unter Hinzufügung der dem Apok. eigentümlichen Wendung und unter charakteristischer Abweichung. Zu der weitverbreiteten Vorstellung von himmlischen Lobgesängen, welche die niederen himmlischen Wesen dem höchsten Gott darbringen, vgl. Hen 39,12f.; 40,3f.; 69,26. u. ö.; Test. Levi 3; slaw. Hen 15,1; 19,6; 20,3; 21,1; 22,3; Himmelf. Jes 7,15.20.27.29f.35; 8,16ff.; 9,28f.42.; 10,1ff. u. ö. Über weitere religionsgeschichtliche Zusammenhänge Reitzenstein, Poimandres 55ff. Zu παντοκράτωρ s. o. zu 1,8. Mit Nachdruck bekommt hier, wie am Anfang der Apk Gott diese feierlichen Attribute. Zu bemerken ist, daß hier das in die Vergangenheit weisende Prädikat ὁ ἦν vorantritt.

Wir werden, wenn wir die disjecta membra der Vorstellungen der Apk in ihrer Genesis und Wurzel verstehen wollen, die Frage nicht umgehen können, was für eine Vorstellung sich ursprünglich mit den vier fabelhaften Wesen unter Gottes Thron hier und im ersten Kapitel des Ezechiel verbunden habe. Zwei Momente sind es, die uns der Lösung des Rätsels zunächst näher führen. Vor allem vergegenwärtigen wir uns, daß der Thron Gottes sich nach der hier vorliegenden Vorstellung auf der Himmelsfeste befindet. Wenn nun die Tiere rings um den Thron Gottes stehen, so werden wir das Recht haben, nach Erscheinungen am Himmelsgewölbe zu suchen, welchen den Tieren entsprechen. Wenn ferner der Apok. mit Staunen meldet, daß die Tiere ganz voller Augen starren, wenn nach Ezechiel die Räder, die neben dem Throne stehen, mit Augen bedeckt sind, und die Wesen und die Räder funkeln und glänzen, wenn aber die Augen in der apokalyptischen symbolischen Sprache Sterne bedeuten (s. zu 5,6), so werden wir das Recht haben, in den vier Tieren große Sternbilder zu sehen, die den im Zenith des Himmels befindlichen Thron Gottes tragen. Darauf deutet endlich auch die Vierzahl der Wesen. Denn die Vierzahl ist dem Himmel eigentümlich (vier Himmelsgegenden, vier Winde, vier Jahreszeiten, vier Engel als Führer der Sterne, I Hen 82,11). Und zwar müssen wir vier an den entsprechenden Ecken des Himmels stehende Sternbilder suchen. Nun nehmen von den 12 Bildern des Tierkreises natürlich bei einer Vierteilung das erste, vierte, siebente und zehnte Bild eine besondere Stellung ein. Das erste aber ist nach altbabylonischer Anschauung das des Stieres, das vierte das des Löwen. Als das siebente erscheint der Skorpion, der nach altbabylonischer Vorstellung als Skorpionmensch gedacht ist. Das zehnte Bild, der Wassermann, hat allerdings nichts mit dem Adler zu tun. Doch befindet sich tatsächlich


  1. αγιος dreimal ℵcAP An.¹²³⁵ al. g vg. c s¹² a ae. Pr. Vict.; Q Rel. neunmal, ℵ 29 achtmal.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S251.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)