Seite:Bousset-S314.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dritten Quelle (J²), 2) ein Intermezzo zwischen der sechsten und siebenten Posaune verarbeitet. Was den Anfang von J² betreffe, so sei das Buch hier, wie bei Ezechiel, ursprünglich von Gott selbst gegeben. Von Gott und nicht von dem starken Engel seien ursprünglich die Attribute ausgesagt. Diese passten nur zu einer ruhenden und nicht zu einer schreitenden Gestalt und ständen nach καταβαίνοντα am unrechten Platz. V. 2a setze sich dann fort in V. 8, der ursprünglich gelautet habe: καὶ ἤκουσα φωνὼν λέγουσαν etc. Erst durch den Redaktor sei dort der verschrobene Satz zustande gekommen. Im Folgenden sei alles auf den Engel Bezügliche zu streichen und statt λέγουσιν: λέγει zu lesen. Das Intermezzo zwischen sechster und siebenter Posaune aber bilde V. 1a. 2b. 3 (4 Redaktor) (5). 6. (7) und außerdem ein von 9,14f. her zu ergänzender Passus (vgl. V. 6) über die Lösung der Zeitengel.

Annehmbarer ist es schon, wenn Völter 10,1-11,13 für einen Nachtrag von der Hand des Urapokalyptikers hält. Völter fußt namentlich auf der Beobachtung, daß 11,14 (die Verkündigung des zweiten Wehes) sich unmittelbar an Kap. 9 anschließe. 10,1-11,13 sei daher ein eingeschobenes Stück. Dasselbe sei später geschrieben als 1-9. Denn das Intermezzo der sieben Donner bedeute nichts andres, als daß der Seher das Sieben-Posaunengesicht (die sieben Donner sind gleich den sieben Posaunen) noch auf einige Zeit zu versiegeln den Befehl erhalte, das Ende also noch hinausgeschoben werde. Richtig hat Vlt. jedenfalls erkannt, dass Kap. 10,1-11,13 von derselben Hand wie die ersten Kapitel stammen, da sie die mannigfachsten sprachlichen und sachlichen Berührungen mit diesen zeigen (vgl. 10,1 ἄγγελος ἰσχυρός mit 5,2; 10,8 ἡ ἶρις mit 4,3; die weitere Schilderung des Engels mit 1,15.16). Dennoch wird es kaum nötig sein, das Stück 10,1-11,13 als einen Nachtrag von derselben Hand aufzufassen, welches dann von späterer Hand erst an verkehrter Stelle eingerückt ist. Es wird sich doch auch hier empfehlen, die Lösung des Rätsels mit den einfachsten Mitteln und Voraussetzungen in Angriff zu nehmen.

Auf den rechten Weg weisen die Einsichten von Weizs. Schön, Sabatier. Auch nach Weizs. ist 10,1-11,13 ein im Zusammenhang des Ganzen störender Abschnitt. Kap. 10 aber ist nach ihm ein Übergangsabschnitt, in dem der Seher den Befehl bekomme, eine Quelle (die sieben Donner) zu versiegeln, d. h. auszuschalten und eine (das verschlungene Buch, Kap. 11,1-13) einzuschalten. Der Apok. gibt also nach Weizs. in Kap. 10 gleichsam Rechenschaft über die weitere Disposition seiner Schrift.

Schön faßt Kap. 10 als den überleitenden Abschnitt, mit dem der Apok. das kleine jüdische Fragment 11,1-13 einleitet. Sabatier endlich ist der Ansicht, daß der Apok. mit Kap. 10 die ursprüngliche Anlage seines Werkes unterbricht, um hier eine Reihe jüdischer Fragmente einzuschieben, und daß Kap. 10 als die motivierende Einleitung zu diesem Exkurs anzusehen ist.

Bei Sabatier scheinen mir alle Momente einer richtigen Auffassung gegeben zu sein. Kap. 10 ist in der Tat im Wesentlichen ein überleitendes Kapitel von des Apok. eigner Hand, das zwar nicht als Nachtrag anzusehen

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S314.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)