Seite:Bousset-S365.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Jer LXX 15,2: ὅσοι εἰς θάνατον, εἰς θάνατον· καὶ ὅσοι εἰς μάχαιραν, εἰς μάχαιραν· καὶ ὅσοι εἰς λιμὸν, εἰς λιμόν· καὶ ὅσοι εἰς αἰχμαλωσίαν, εἰς αἰχμαλωσίαν, — ist nicht als Parallele, auch nicht zur Beurteilung des Textes heranzuziehen, da in den beiden Stellen ein völlig verschiedener Gedanke vorliegt. Nur die oben akzeptierte Lesart entspricht dem Zusammenhang (vgl. das Folgende): „Wenn einer gefangen nimmt, soll er in Gefangenschaft wandern“, d. h. in Verbindung mit dem Folgenden: wer sich auf Empörung und wirkliche Kriegführung einläßt, der wird es zu seinem Schaden tun. Die von A am. fu. vertretene Variante ergäbe den Sinn: wenn einer in die Gefangenschaft (sc. geht), so soll er ruhig hingehen, sein Schicksal über sich ergehen lassen. Aber das meint der Apok. nicht. εἴ τις ἐν μαχαίρῃ ἀποκτενεῖ, δεῖ αὐτὸν ἐν μαχαίρῃ ἀποκτανθῆναι. Vgl. Mt 26,52: πάντες γὰρ οἱ λαβόντες μάχαιραν ἐν μαχαίρῃ ἀπολοῦνται. Der Sinn des Warnspruches ist klar. Die Christen sollen sich nicht bewaffnet gegen die kaiserliche Macht zur Wehr setzen. Es fragt sich allerdings, ob die hin und her im römischen Reich zerstreuten Christen hieran überhaupt denken konnten. Aber es läßt sich doch immerhin annehmen, daß in den zahlreichen Christengemeinden Kleinasiens bei der unruhigen und gährenden Art der Bevölkerung und dem Haß der Orientalen gegen die Römerherrschaft hier und da solche wahnwitzigen Gedanken an bewaffneten Widerstand gehegt wären. Dem tritt der Apok. entgegen. Unglücklich ist der Gedanke von Vlkm., die vorliegende Ermahnung sei an Nero gerichtet. ὧδέ ἐστιν ἡ ὑπομονὴ καὶ ἡ πίστις τῶν ἁγίων. Hier muß die Geduld und Treue der Gläubigen sich zeigen, oder so verhält es sich mit der Geduld der Gläubigen (s. o. S. 131). Der Apok. apelliert also an den passiven geistigen Widerstand der Gläubigen in diesen schweren Zeiten.

13,11-18. Das zweite Tier. 13,11. καὶ εἶδον ἄλλο θηρίον ἀναβαῖνον ἐκ τῆς γῆς. Nach 16,13; 19,20; 20,10 hat der Apok. letzter Hand jedenfalls in dem Tier den Pseudopropheten gesehen. Was aber denkt sich der Apok. bei dem Pseudopropheten? Es sind alle Ratereien auf einzelne Personen (zuletzt noch wieder auf Simon Magus — Sp., Erbes; auf Alexander von Abonoteichos, Herodes AtticusVlt. I, II; s. die Musterkarte bei Gunkel 348) bestimmt abzulehnen, und es ist die Frage im Zusammenhang mit der richtigen Erklärung von 13,1-10 zu stellen, von welcher Seite das römische Zäsarentum in seinem Kampf mit den Gläubigen um den Zäsarenkultus besonders unterstützt wurde. Dann bleiben nur zwei Möglichkeiten: entweder hat man in dem zweiten Tier das römische Präfektentum zu sehen (Mommsen), aber dagegen spricht die Bezeichnung und Schilderung des zweiten Tieres als des Pseudopropheten, oder man hat an das heidnische Priestertum (Vict., Andr., Hammond, Grot., Eichh., Ew., de W., Dstd., Hilgf.) oder besser und bestimmter noch an die spezielle Kaiserpriesterschaft in den Provinzen (vgl.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S365.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)