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Identifikation des Tieres mit einem Menschen, im Bild dem (einen zum Tode verwundeten) Haupte, tatsächlich vom Apok. vollzogen werde, kann man nicht nur auf den vielleicht überarbeiteten Vers 17,11, sondern auch auf 13,3 und 13,12.(14) hinweisen[1].

Neuerdings hat nun aber Corßen einen andern Weg zur Lösung des Rätsels eingeschlagen. Er ist der Meinung, daß hier ein Fall von Isopsephie vorliege. Beispiele solcher Isopsephie findet er bei Boissonade, Anecdota II 459, wo z. B. errechnet ist, daß die Worte θεός – ἅγιος – ἀγαθός alle den Zahlenwert 284; Paulus = σοφία den Zahlenwert 781 habe etc. (vgl. auch Cs. interessanten Nachweis einer Isopsephie bei Berossus Z.n.W. III 241). So seien auch hier für den Apok. das Tier und der Mensch zwei verschiedene Größen; was er sagen wolle, sei dies, daß Tier und Mensch denselben Zahlenwert haben, nämlich 666. Die Aufforderung, die Zahl des Tieres zu berechnen, bedeute, man solle den Namen eines Menschen herausfinden, der gleicherweise in dieser Zahl enthalten sei. Es läßt sich nicht leugnen, daß Corßens Vorschlag eine neue Möglichkeit des Verständnisses der Stelle darbietet. Aber zweifelhaft bleibt es mir, ob dieser Weg der Lösung hier eingeschlagen werden muß. Denn keineswegs sind alle Fälle gematrischer Berechnung, die wir kennen, derartiger isopsephischer Natur. Die Isopsephie ist nur ein bestimmter Einzelfall der gematrischen Kunst. Die von Corßen selbst III 239, V 87 beigebrachten Parallelen beweisen nichts für Isopsephie. (Andre Beispiele außer denen bei Boisonnade hätte Corßen bei Weber, jüd. Theologie² a. a. O. 122 finden können, z. B. צמח Sach 3,8 = מנחם Klagel. 1,16.) Allerdings findet bei C. das ἀριθμὸς γὰρ ἀνθρώπου ἐστίν seine ausreichende Erklärung, aber ich glaube, daß die oben für diesen Satz gegebene Deutung dem Gedankenkreis des Apok. näher liegt. Bedenklich für die Lösung Corßens ist der Umstand, daß der Apok. in diesem Zusammenhang den Namen des Tieres, der dann doch eben die Grundlage der Berechnung abgeben müßte, nicht mitteilt. Daß er diesen bei seinen Lesern als bekannt vorausgesetzt, sieht Corßen III 266 selbst als weniger wahrscheinlich an. So nimmt C. an, er habe den Namen des Tieres nicht mitteilen wollen. Weshalb nicht, — da doch das eigentliche Geheimnis in dem Namen des Menschen lag? Zu welchem Zweck die Einführung dieses neuen X? Alles in allem halte ich die Auskunft Corßens für eine erwägenswerte, aber nicht für die einzig mögliche.

Wieder eine andre Auffassung trägt Vischer, Z.n.W. IV 167-174 vor. Nach ihm ist das eigentliche Geheimnis, daß der Apok. hier mitteilt, dies, daß die Zahl des Tieres 666 sei. Die Wendung: καὶ ὁ ἀριθμὸς αὐτοῦ ἑξακόσιοι ἑξήκοντα ἕξ sei bereits die Lösung der in ὁ ἔχων νοῦν ψηφισάτω enthaltenen Frage. Die Zahl 666 aber habe der Apok nicht aus gematrischer Berechnung irgend eines historischen (oder mythologischen) Namens gewonnen,


  1. An meiner Auffassung haben mich auch Clemens Gegenbemerkungen Z.n.W. II 112f. nicht irre gemacht. 13,3 liegt wirklich in πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ eine Identifikation von Tier und Haupt vor. Vgl. das καὶ ἐθαύμασεν ὅλη ἡ γῆ ὀπίσω τοῦ θηρίου. Gegen Clemens Erklärung des Satzes aus 21,17f. Corßen III 238.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S371.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)