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22,1. καὶ ἔδειξέν μοι ποταμὸν ὕδατος ζωῆς λαμπρὸν ὡς κρύσταλλον (4,6; 7,17) ἐκπορευόμενον (4,6) ἐκ τοῦ θρόνου τοῦ θεοῦ καὶ τοῦ ἀρνίου. Ez 47,1: καὶ ἰδοὺ ὕδωρ ἐξεπορεύετο ὑποκάτωθεν τοῦ αἰθρίου κατ’ ἀνατολάς. Sach 14,8: καὶ ἐν τῇ ἡμέρᾳ ἐκείνῃ ἐξελεύσεται ὕδωρ ζῶν ἐξ Ἱερουσαλήμ. Der Fluß, der in sämtlichen parallelen Schilderungen (vgl. auch Gen 2,10-14) erscheint und der bald zweigeteilt (Sach 14,8), bald viergeteilt (Gen 2,10ff.) ist, bald aus zwei Quellen herkommt und sich in vier Arme teilt (slav. Hen 8), erklärt sich ebenfalls am besten, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß allen diesen Paradiesesbeschreibungen ursprünglich die Naturanschauung des gewölbten Himmels zu Grunde liegt. Der Himmelsfluß ist die Milchstraße mit ihren Armen. Die mandäischen Phantasien vom himmlischen Jordan (Brandt, mand. Rel. 186) und die rabbinische vom Flusse Dinur (Bousset, Rel. d. Judent. 317,1) haben die Naturanschauung der Milchstraße am Sternenhimmel als Ausgangspunkt. Vgl. Gunkel, Kommentar Z. Genesis² 33; z. religionsgesch. Verst; d. NT. 49ff. 22,2. ἐν μέσῳ τῆς πλατείας αὐτῆς καὶ τοῦ ποταμοῦ ἐντεῦθεν καὶ ἐκεῖθεν ξύλον ζωῆς (der Singular ist generisch zu verstehen) ποιῶν (οῦν) καρποὺς δώδεκα, κατὰ μῆνα ἕκαστον ἀποδιδοῦς (οῦν)[1] τὸν καρπὸν αὐτοῦ. Man kann entweder übersetzen: auf der Mitte der Straße und zu beiden Seiten des Flußes, so daß also τοῦ ποταμοῦ von dem nachfolgenden ἐντεῦθεν καὶ ἐκεῖθεν abhängig zu denken ist (Beng., Züll., de W.) — oder: zwischen ihrer Gasse und dem Fluß auf beiden Seiten (Dstd., Hltzm.). Das letztere ist grammatisch einfacher, aber der Ausdruck auf beiden Seiten bleibt in diesem Fall recht unverständlich. Klarer ist Ez 47,7: καὶ ἰδοὺ ἐπὶ τοῦ χείλους τοῦ ποταμοῦ δένδρα πολλὰ σφόδρα ἔνθεν καὶ ἔνθεν, 12 καὶ ἐπὶ τοῦ ποταμοῦ ἀναβήσεται ἐπὶ τοῦ χείλους αὐτοῦ ἔνθεν καὶ ἔνθεν· πᾶν ξύλον βρώσιμον οὐ μὴ παλαιωθῇ ... οὐδὲ μὴ ἐκλίπῃ ὁ καρπὸς αὐτοῦ. τῆς καινότητος αὐτοῦ πρωτοβολήσει ... Grundtext: „Ihre Blätter werden nicht verwelken, noch ihre Früchte aufhören, alle Monde werden sie neue Früchte tragen.“ Bemerkenswert ist, daß sich in diesem Verse die verwandten Vorstellungen von der goldnen Gasse (s. zu 21,21) und dem Lebensstrom unmittelbar neben einander finden. Woher die Vorstellung der vielen immergrünen Lebensbäume stammt, ist schwer zu sagen. Der Verweis auf Gen 2,9 allein genügt nicht. Ob eine naive Phantasie diese Bäume in dem Lichtgewimmel der Milchstraße sah? Das mythologische Kapitel vom Himmelsbaum und Himmelsbäumen ist lang. Ursprünglich bedeutet „der“ ungeheure Himmelsbaum, dessen Wurzeln im Wasser ruhen, „der alles bedeckt und Erzeugnisse von allen Früchten hat“ (slav. Hen 8) das Himmelsgewölbe selbst, das auf den unterirdischen Wassern gegründet ist, von dem nach antiker Vorstellung aller befruchtender Same herunterkommt, an dem die Lichtkörper hängen. (Dan LXX 4,7ff.; vgl. Die eranische Vorstellung


  1. ποιων lesen freilich nur A 18, aber αποδιδους alle mit Ausnahme von A 30. 32. 34. 47. 80. 94. 121. 161 (1. 29 αποδιδοντα), und diese haben dafür die ungewöhnliche Form αποδιδουν, die doch vielleicht erst nachneutestamentlich ist. — Dann liegt hier ein grober grammatikalischer Verstoß vor.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 452. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S452.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)