Da fühlte ich zuerst den Schmerz hienieden!
So viele Tränen sie geweint!“ und schlief in Frieden.
Viel war ich krank, kam wenig an die Sonne,
Die bunte Decke war mein Frühlinggarten,
Der Mutter Pflege war mir Frühlingswonne.
Wenn sie die Wundermärchen uns gesungen,
Daß rings die Kinder in Erstaunen starrten.
Und keines ist mir so ins Herz gedrungen,
Als von des süßen Jesus schweren Leiden,
Maria durch Ägypten mußte reiten,
Und was sie da erfuhr in schweren Nöten,
Da focht ich in Gedanken gen die Heiden.
Und sah ihr Blut in allen Abendröten. –
Mit kräftgen Reden meine Zeit zu töten,
Die Tasche leer vom oft versprochnen Kuchen,
Ein Meister im Versprechen und Beteuern,
Was oft sich falsch bewärt; dazu ohn Fluchen
Vom Antichrist tät er mir prophezeien,
Und hat zum Held gen ihn in Abenteuern
Vor allem mich mit einem Schlag geweihet,
Den scherzhaft er mir auf das Haupt gegeben;
Nichts traf so ernsthaft mich in meinem Leben;
Der Antichrist erfüllet mich mit Schrecken,
Und täglich mußt ich vor dem Trüger beben.
Ich sah ihn stets gen mich die Hand ausstrecken:
Anmerkungen des Herausgebers
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_005.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)