Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 011.jpg

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     Zum dunklen Gartensaal voll Malereien,

     Der immer mich erfüllet hat mit Graus.
Es schienen da in traurig langen Reihen

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     Die Bilder von den Schatten überbebt,

     Die mondumspielte Rebenlauben streuen.
Den Richter sah ich, der das Schwert erhebt,
     Vor Salomon das Kindlein zu zerspalten;
     Es schwankt das Laub, er zuckt, er scheint belebt.

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Ich schauderte und konnte mich nicht halten

     Und kniete nieder vor Mariens Bild.
     Die Hände hab ich innig da gefalten
Und flehte kindisch zu der Mutter mild:
     „O, Mutter Gottes, hilf dem armen Kinde!“

280
     Da deckte sie mich mit allgütgem Schild;

Mein Schmerz zerfloß im Beten hin gelinde,
     Es senkte nieder sich der ernste Traum,

     Ich schlummert ein im Schatten jener Linde.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)