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     Kosme und Rosablanka


Auf des Fensters Efeuranken
Spielt der Strahl der jungen Sonne,
Und des Laubes Schatten schwankend
Weckt den greisen Vater Kosme.

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Schlummerstille ist die Kammer

Rosablankens, als er horchet,
Und er trägt den Krug zum Bache,
Füllet ihn mit frischem Borne.

Aus dem Wasserspiegel mahnet

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Ihn des Alters ernster Bote;

„Du wirst bald die Schuld bezahlen!“
Spricht des Hauptes Silberlocke.

Betend senkt er in dem Schatten
Seine Stirne an den Boden;

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Mit ihm betet auch das Wasser

Und des Gartens heilge Rose.

Und des Tales Sänger alle,
Blumen, Bäume, hohe Wolken,
Schallend, wachend, atmend, wandelnd,

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Opfern fromm der goldnen Sonne.


Aber zu der Kinder Lallen

Weint der graue Büßer Kosme,
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_018.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)