Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 020.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Aber bleich sind deine Wangen,

Und die Augen trüb umfloret?“ –

55
„Vater, schwere Träume brachte

Diesen Morgen mir Aurore.

Überm Haupte bang gespannet
Schwankt und droht des Traumes Bogen,
Den zerbrochen mir die Schwalbe,

60
Niederträufelnd einen Tropfen.“ –


„War es Feuer, war es Wasser,
Rosablanka, was dir drohte?
War erwühlet dir der Garten?
Bebte unter dir der Boden?“ –

65
„Ja, es waren Tränen, Vater,

Und es war die Glut der Rosen,
Und um göttliches Erbarmen
Ward erwühlt des Gartens Boden.“ –

„Wehe! wehe! Rosablanka,

70
Der gewühlet in dem Boden,

Fand er göttliches Erbarmen
Oder blieb sein Werk verloren?“ –

„Er ging unter still ermahnend,
Über ihm ist aufgeschossen

75
Eine bunte, schöne Schlange,

Dringend hin nach meinen Rosen.“

„Wehe! wehe! Rosablanka,
Gabst du hin die heilgen Rosen?
Hat die bunte, schöne Schlange

80
Dich mit bunter Luft betrogen?“


„Von dem Himmeln kam gegangen

Die den Heiland hat geboren;
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_020.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)