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Sind schon lang zurückgewandert.
Wo hast du so lang verzogen?“

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Und die Jungfrau spricht, sich sammelnd:

„Bald hätt ich mein Wort gebrochen,
Aber lieber mirs erlasse,
Denn es sinket schon die Sonne!

Ängstlicher, als du geharret,

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Harret mein der Vater Kosme.

Sieh, wie lange schon die Schatten!
Wäre ich den Berg erst oben!

Sei Geleitsmann deinem Gaste,
Ich will deine Güte loben!“

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Also bittet Rosablanke;

Jener greift nach seinem Korbe,

Füllt ihn unten mit Orangen,
Legt die zarten Feigen oben,
Hängt zur Schulter ihn am Stabe,

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Tritt heraus und schließt die Pforte.


Und er spricht zur Seite wandelnd:
„Zürnen hätt ich mit dir sollen,
Sehnlich hab ich dein geharret,
Und nun ist auch dies verloren!

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Dies ist ihrer Schritte Schallen,

Glaubt ich, wenn mein Herz so pochte,
Blickte ängstlich durch die Kammer
Ob auch alles sei geordnet.

Und wenn ich dann wieder dachte:

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Sie versprach dirs nur zum Hohne,

Fühlt das Herz ich lauter schlagen
Als den Tritt der leichten Sohlen.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)