Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 075.jpg

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Wer mir bot den guten Abend,
War an mir zum Lügner worden,

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Und die schnellen Stunden standen

Boshaft still an meiner Pforte.“

Also sprach er. Tränen drangen
Ihm ins Aug, geheime Boten
Züchtger Flamme, die gefangen

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Lag bis jetzt im Jugendstolze.


Doch dies fühlt nicht Rosablanke.
Ungeschickt zu seinem Troste
Spricht sie: „Gib mir die Orangen,
Die du für mich abgebrochen!“

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Nimmt die goldne Frucht und danket.

Mutiger spricht er: „O Holde,
Wolltest du mit gleichem Danke
Nehmen, was du selbst gebrochen!

Was vertraulich bei dem Mahle

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Ich, dein Wirt, dir bieten wollte,

Dieses Herz muß auf der Straße
Scheu und unstet ich dir opfern.

Mich ernähret wohl mein Garten;
Um Bologna aller Orten

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Siehst du keinen so gewartet

Und so vorteilhaft geordnet.

Und, verzeih, ich muß es sagen;
Also hab ich ihn erzogen
In dem heimlichen Verlangen,

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Daß du drinnen mögest wohnen.


Wärst du mit hineingegangen,
Unter bunten Blumenkronen

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_075.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)