Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 078.jpg

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Willst du schließen in die Arme,
Die dir in dem Herzen wohnet.

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Heute früh in meinem Garten

Grub er traurig bei den Rosen
Nach dem göttlichen Erbarmen,
Das er mit dem Weib verloren.

Und die bunte, böse Schlange

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Drang zu mir und meinen Rosen,

Doch Mariens Füße traten
Nieder diese Schuld des Todes.

Nimm zurücke die Orange,
Die du mir vom Baum gebrochen,

155
Denn ich teile keinen Apfel

Weil der Herr um mich gestorben.“

Also redet Rosablanke.
Pietro schweigt, und tief betroffen
Legt der Jüngling die Orange

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Zu den andern in dem Korbe.


Schweigend gehn sie nun zusammen
Bis zu der Kapelle oben,
Und des Abends Zaubergarten
Schwankt vor ihrem Aug entrollet.

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Aus den Tälern wächst der Schatten,

Und es betet schon die Sonne
Ihren Abendsegen, schwankend
Auf des Waldes goldnen Kronen.

Durch des Himmels Gründe wallen

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Wolkenschafe, goldgeflocket;

In dem Abendmeere badend
Trinken sie die Purpurwoge.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)