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Und zu Sternen rings erstarren
Um ihn her die goldnen Tropfen.

205
Mahnend zieht die Nacht den Mantel

Vor des Unterganges Tore,
Und die Herzen fühlen alle,
Wer verloren, wer gewonnen.

Seine Schmerzen nicht mehr fassend,

210
Spricht nun Pietro: „Deine Rosen,

Sonne, sind im Abendgarten
All verblutet an den Dornen.

Paris gab den goldnen Apfel
Liebend hin der Schaumgebornen,

215
Aber mir ward ausgeschlagen

Die Granate, scheu geboten!

Und die Sonne gleicht dem Apfel,
Paris gleicht dem Silbermonde,
Und das Meer des Unterganges

220
Der entschleierten Dione.


Aber ach, meine Granate
Gleicht den Äpfeln von Gomorrha,
Innen voll von giftger Asche,
Außen lustig und voll Wonne.

225
Und es drohet mir die blanke

Todessichel dort des Mondes,
Wie in meinem armen Garten
Tödlich steht die weiße Rose!“ –

„Pietro!“ spricht nun Rosablanke,

230
„Umschaun hat der Herr verboten,

Sahst du in den Abendflammen
Sodom und Gomorrha lodern.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_080.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)