Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 173.jpg

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Und dann kühne, volle Segel
Führet, recht in hohem Stolze,

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Dann dem ganzen Elemente

Sich hingebend, abwärts tosend
In die hohen, vollen Meere,
Stirbt in Wiedersehens Wonne:

So fand er sich tief beweget

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Und, dem Bücherstaub entronnen,

Neue Liebe in dem Herzen,
Zwischen Blumen in der Sonne.

Doch da eine Stimme schwellend
Sich ergießt zum Orgelstrome,

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Schreitet er zu der Kapelle,

Die in Büschen steht verborgen.

Und er wurzelt auf der Schwelle;
Rosarosa schlägt die Orgel
Singend, ohne ihn zu sehen,

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Zwischen Engelbildern golden.


Auf dem kleinen Orgelwerke
Steht das Bild der Mutter Gottes;
Frische Rosen reicht ein Engel
Unserm Herrn in ihrem Schoße.

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Und das Bild des andren Engels

Hebt empor in goldnem Korbe,
Singend auf und niederschwebend,
Einen süßen, bunten Vogel.

Und die leichten Bälge tretend,

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Sieht er einen goldumlockten,

Schönen Knaben freudig schweben.
Ach! er glich dem Liebesgotte,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_173.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)