Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 185.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ach, wie schrecklich sind die Sterne,
Denkt im Herzen Jacopone.

565
Unbekümmert um mein Elend

Spielen sie mit meinem Dolche;
Nein, sie sollen ihn nicht sehen!
Und er haucht ihn an mit Odem.

Aber seine Tränen nehmen

570
Stets den Odem von dem Dolche.

Und die Sterne ruhig sehen
In den Stahl den Himmelsbogen.

Und nun hört er wieder reden,
Und er hört die leisen Worte:

575
„Du wirst mich nicht wiedersehen

Als bei deinem frühen Tode!

Was du unterm Herzen trägest,
Ist ein Pfand von dem Verlobten;
Wolle nie des Leibes Tempel

580
Einer andern Liebe opfern!“


Rosarosa dann entgegnet
Sammelnd liebestrunkne Worte:
„Ja, ich bin die Magd des Herren,
Dem ich liebend bleib verlobet!

585
Was ich trage unterm Herzen,

Bleibt dir treulich aufgehoben,
Durch dich mag es heimlich leben,
Durch mich werde es geboren.

Nimmer habe ichs gesehen,

590
Nimmer werde ichs sehen wollen,

Unbekannt wie meine Seele,
Die durch Gott den Leib bewohnet.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_185.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)