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Spricht: „Zu deiner Kammer kehre,
Deine Seele steht im Zorne!

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Dir zum Troste wiederkehren

Will ich bald mit Rosarosen.
Gott verleih dir seinen Segen!“
Und es gehet Jacopone.

Und auf seinem Weg begegnet

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Suchend ihn der Meliore,

Fragt ihn bang nach Rosarosen,
Doch es schweiget Jacopone.

Da sie in die Stube treten,
Schlummert Pietro an dem Boden,

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Abgebrannt sind tief die Kerzen,

Traurig stehn die Blumenbogen.

Jacopone spricht: „O wehe!“
Und bricht aus im Tränenstrome,
„Weh, ihr dunkeln Hochzeitskerzen,

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Weh, ihr armen Blumenbogen!


Nieder brennt ihr in dem Herzen
Und erlöscht im Tränenstrome,
Nieder welkt ihr in den Schmerzen
Unter meiner Klage Odem!

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Kehret nicht zum Firmamente,

Sterne, Mond und hohe Sonne!
Ewig an des Himmels Schwelle
Steh blutweinende Aurore!

Also ewig stille stehen

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Soll der Puls im Herz gebrochen,

Ewig meine Hochzeitskerze
Niederbrennen unverloschen!

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_195.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)