Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 207.jpg

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Was ich mußte dir verhehlen,
Das Geheimnis jenes Bronnens,

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Warum du mich wolltest töten,

Als den Knaben du behorchet.
Wisse, daß ich deine Schwester,
Deinem Vater bin entsprossen!

Und ich danke, daß du ehrend

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Meine Unschuld nicht verdorben,

Daß von Blutschuld unbeflecket,
Keusch wir bei einander wohnten.

Aus versündeten Geschlechtern
Sind wir sündenvoll geboren,

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Und die Sünde wird erst enden,

Wenn ein schweres Jahr verflossen.

Von der eitlen Welt dich wende,
Geh in einen frommen Orden,
Wo das Schauspielhaus verbrennte,

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Laß erbauen mir ein Kloster!


Aber jetzo, eh ich sterbe,
Hole mir den Greis Benone,
Daß ich nehm die Sakramente,
Zu der Seele letztem Troste!“

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Jacopone steht entsetzet,

Ohne Regung, ohne Worte,
Nur sein Haar hebt sich zu Berge;
Doch er eilet zu Benone.

Aber auf der Treppe schellet

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Schon des kleinen Lammes Glocke,

Und zu Rosarose gehet
Ein der Knabe blondgelocket.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_207.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)