Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 216.jpg

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Weißt du noch, wie ich dir Moose
Sammeln sollte mit den Knaben,

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Weil du dir bereiten wolltest

Deiner Hochzeit keusches Lager,
Wie ich dir zu deinem Schoße
Nichts als Agnus castus brachte?

Und du hast sie angenommen,

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Dankend für die Hochzeitsgabe,

So schliefst du und Jacopone
Wie der Herr auf dieser Pflanze.

So hat eurem frommen Wollen
Gern der Heiland beigestanden,

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Und das Lager deines Todes

Blieb durch ihn der Keuschheit Lager.

Bald steht deines Herzens Rose
Nun im selgen Himmelsgarten
Und schmückt ihm die Dornenkrone,

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Die er hat für uns getragen!“


Als der Knabe so gesprochen,
Ging er betend aus der Kammer:
„Jesus Christus sei gelobet!“
Und die Sterbende sprach: „Amen!“

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Doch jetzt nahten sich die Nonnen,

Die verschleiert fern gestanden,
Leis hinschwebend an dem Boden,
Rosarosens Sterbelager.

Und es knieet Rosadore

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Eingehüllet in den Mantel.

Stille war es, nur der Odem
Wehte und das Licht der Lampe.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_216.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)