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Das mit ihr gefunden worden,
Das sie stets so wert gehalten.

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Rosatristis nun voll Wonne

Löst der Kranken Brustgewande,
Daß des Busens heilge Wogen
Schimmernd zu dem Lichte drangen.

Eine rote blutge Rose

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Rosarosens Brust bestrahlet;

Was ihr unterm Herzen wohnet,
Hat sie so im Tod erfahren.

Während leis zu Rosadoren
Sich die andre Nonne nahte,

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Und sie sah, die sie erzogen,

Rosalätens heilgen Schatten.

Rührend sprach sie: „Rosadore,
Die ich sonst Biondette nannte,
Teure Jungfrau, zeig die Rose,

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Die dir gab den neuen Namen.


Lasse, die dich hat geboren,
Meiner armen Schwester Schatten,
Lasse ihres Heiles Rose
Vor ihr blühn im keuschen Garten!“

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Und in Zucht löst Rosadore

Ihres Mieders goldne Spangen,
Und des Herzens banges Pochen
Hört man durch die Stille schlagen.

Eine kleine goldne Rose,

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Über ihrem Herz gemalet,

Zeigt im Spiegel ihr die Nonne
Als das Zeichen ihres Stammes.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_218.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)