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Und ich gab dir eine Locke –
Sieh, hier fehlt sie mir im Nacken –

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Folgte weit dir vor dem Tore,

Bis in meines Bruders Garten,

Wo du eintratst, weiße Rosen
Und Arzneikraut einem Kranken
Zur Erquickung gleich zu holen;

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Dorten hab ich dich verlassen.


Denn es war dort bei den Rosen
Solch ein heftger Duft entstanden,
Daß mir schier gebrach der Odem;
Wankend ging ich aus dem Garten.

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Jetzt – wie find ich dich hier oben?“

Doch ihn bei dem Arme fassend
Spricht Apone: „Freund Meliore.
Jetzt geleite mich von dannen!

Denn die Gattin Jacopones

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Will das Sakrament empfangen,

Gönnen wir ihr Raum zum Troste!“
Und nun gehen sie zusammen.

Ihnen folgen, die vom Volke
Mit den Fackeln aufwärts drangen.

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In den Armen Jacopones

Ruht ohnmächtig noch die Kranke.

Da sie wieder sich erholet,
Segnend ihr der Priester nahet,
Und sie spricht mit leisen Worten,

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Matt aufrichtend sich vom Lager:


„Der du an der Stätte Gottes,
Höre, wie ich mich anklage,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_229.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)