Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 238.jpg

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Bin des Engels Gruß geworden,
Ave, Salve, Dei Mater!

865
Dies Gesicht war mir ergossen,

Da ich sinnlos in der Harfe
Ruhete, von Meliore
Fromm gerettet bei dem Brande.“ –

„Was du sahest, Rosadore,

870
Sah ich alles,“ sprach die Kranke,

„Herr! du hast in Visionen
Wunderbar dich uns erbarmet!“

Und in stiller Wonne schlossen
Beide sich in ihre Arme.

875
Ruhig sprach nun Jacopone:

„Herr, tu mir nach Wohlgefallen!“

Aber nun tritt durch die Pforte
Agnus castus mit dem Lamme,
Knieet betend an dem Boden

880
Neben Rosarosens Lager.


Nach der Sanduhr sieht Benone,
Eine Schelle rührt der Knabe,
Niederknieet Rosadore,
Jacopone bei der Kranken.

885
Beim Gesang des frommen Volkes,

In dem Scheine heller Fackeln,
Hat sie leis das Haupt erhoben
Und des Herren Leib empfangen.

Und dann sprach sie noch die Worte:

890
„Herr, du hast dich mein erbarmet,

Herr, dein Wille sei gelobet,
Meine Seele nun empfange!“

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_238.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)