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Mit dem heilgen Öl Benone
Haupt und Hand und Fuß ihr salbet.

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Und sie sprach: „Des Herzens Rose

Wirft unendlich weiten Schatten!

O der Wonne, o des Trostes,
O des wundersüßen Garten!
Singe, meine Rosadore,

900
Mit des Himmels Nachtigallen!


In dem Schatten meines Todes
Lasse Gottes Lob erschallen!“
Und es sang nun Rosadore
Zu dem Klang der goldnen Harfe.

905
Solch ein Lieb, so selgen Tones,

Hat nur da die Luft getragen,
Als der Heiland ward geboren
Und die Engel Gloria sangen.

Also sang des Lichtes Bogen,

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Da den Lustkreis aller Farben

Gott durch seinen Raum hinrollte
In dem Glanz des ersten Tages;

Also tönt des Wassers Woge,
Mit dem Rund des Erdenballes

915
Selig spielend in der Sonne,

Jauchzend an dem ersten Tage.

In so süßen Tones Strome
War die Luft aus Gottes Atem
Um die junge Welt ergossen,

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In der Lust des ersten Tages.


Und die neue Erde rollte
Unter also freudgem Klange

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_239.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)