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Ihre Scheren brünstig breiten
Krebs und Skorpion zum Licht,

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Und der Wolf in Himmelsweiden

Trübt der Lämmer Quelle nicht.

Also glühend sind die Zeiten,
Also brünstig ist das Licht,
Wie die Rose, die den Bräuten

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Venus durch die Locken flicht.


Die Granate senkt gereifet
Ihrer Kerne Goldgewicht,
Trunken durch die Blätter schweifet
Amor, der sie taumelnd bricht.

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Selig ist wohl der zu heißen,

Der in Liebe selig ist;
Sprich, kann ich dich selig preisen,
Der du also liebend bist?

Meliore, sei der meine;

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Sage ohne Hinterlist,

Ob Biondette je die deine
Ganz und gar gewesen ist?

Ob dein selger Mund alleine
Ihres Leibes Rosen bricht,

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In der Augen Sonnenscheine,

In des Busens Mondenlicht?

Ob du in die Wollustkreise
Ihrer Mitternächte blickst,
Daß dich jauchzend an sich reiße,

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Die entzücket du entzückst?“


Doch entsetzet hier den Meister
Meliore unterbricht;

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_250.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)