Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 252.jpg

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In dem trüben, kalten Schleime
Hier, erkennest du das Licht?

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Stürzend durch des Himmels Räume

Wahrlich, dies erschlägt dich nicht!

Alles ist nicht Gold, was gleißet,
Und was glühend dir erschien,
Sich als faules Holz erweiset,

240
Nahest du dem Wunder kühn.


Und das eben macht den Weisen,
Daß er in dem Sonnenlicht
Kann die Mitternacht beweisen,
In dem Leichten das Gewicht.

245
Daß selbst in des Lichtes Leichte

Er die Wucht, die niederzieht,
In dem Abgrund auch das Seichte,
In dem Seichten Abgrund sieht.

Sollt ich dich nicht selig preisen,

250
Wäre solch ein Weib dein Spiel?

Um die Erde möcht ich reisen
Nach so wunderbarem Ziel!

Doch die Jugend möchte steigen,
Um den Himmel zu erfliehn,

255
Und das Alter muß sich neigen,

Sieht ihn an der Erde blühn.

Willst du nun die Lust erreichen,
Die dir durch die Adern rinnt,
Einen Trank will ich dir reichen,

260
Der dir ihre Gunst gewinnt.


Läßt du dir das Recht entreißen,
Das dir Lust und Jugend gibt,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_252.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)