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„Du hast Böses mir gezeiget,
Meister, nun entlasse mich!“

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Apo spricht: „Du prophezeitest

Dieser Stadt dies Ungeschick,
Weil du sie so toll vereidest
Für Biondettens Tugendglück.

In der Wage liegen beide,

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Leg dich zu der Tänzerin;

Daß dein Vaterland nicht leide,
Gebe dich der Freude hin!

Größre Wunder könnt ich zeigen –
Eines Wortes leicht Gewicht,

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Eines nichtgen Blickes Steigen

Führt oft her ein schwer Gericht.

Und so stehn die Himmelszeichen:
Es erfüllt sich dies Gesicht,
Brichst du von Biondettens Zweigen

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Heut die reifen Früchte nicht!“ –


„Läßt so leicht vom Himmel reißen
Dieses Landes Schicksal sich,“
Spricht Meliore, „will verheißen
Eine schönre Zukunft ich!

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Hohe Nacht, ihr Sternenreiche,

Mond, du keusches Angesicht,
Euch Biondetten ich vergleiche,
Sie weicht euch an Friede nicht.

Und so fest und ungebeuget

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Stehet ihrer Tugend Zier,

Als einst fromm ein Tempel steiget
Aus des Brands Ruinen hier!

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_255.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)