Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 256.jpg

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Sieh! beweget sind die Steine,
Ordnen auf zu Mauern sich;

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Diese Geister sind die meinen,

Und ihr Meister bin auch ich!

Freudig auf die Pfeiler steigen;
Hörst du, wie Biondette singt?
Wie nach ihrer Harfe Reigen

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Stein auf Stein zum Himmel dringt?


Wie nach ihren Melodeien
Kuppel sich an Kuppel ringt,
Und die Säule ihre Reihen
Mit dem Palmenknauf verschlingt?

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Der Kapellen Einsamkeiten

Ordnen sich in Harmonie;
Wo die Töne sich durchschneiden,
Wölbt des Chores Halle sie.

Wo die Töne höher steigen,

370
Heben sich die Türme spitz,

Die zum Firmamente reichen
Mit der Kreuze goldnem Blitz.

Wo sie sich zur Tiefe neigen,
Zu der Grüfte Labyrinth,

375
Seh ich trauernd niederschleichen

Still der Treppen Steingewind.

Heilig scherzt in tausend Weisen
Blum um Blume, Bild um Bild,
Und, die Meisterin zu preisen,

380
Widerhall dem Stein entquillt.


In der Kerzen selgem Scheine
Bebt der Altar feierlich,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_256.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)