Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 257.jpg

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Und gleich einem Frühlingshaine
Füllt das Haus mit Jubel sich.

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Silbernem Gefäß entkreisend

Süß der Weihrauch aufwärts dringt,
Und des Himmels Tor aufreißend
Hochgesang in Wonne ringt.

Sieh, wie zu des Tempels Weihe

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Rings die frommen Bürger ziehn;

Meister! Gott uns Trost verleihe,
Laß uns betend niederknien!“

Spricht Meliore, und den Meister
Will er an dem Mantel ziehn;

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Helfet! alle guten Geister!

Er sieht vor sich doppelt ihn!

Einer trägt ein Feuerzeichen
Auf der hohen, dunklen Stirn,
Kalt sie sich die Hände reichen,

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Und es bebet das Gestirn.


Lachend sie von dannen schleichen,
Sieh, da kehrt das Mondenlicht;
Durch das nächtlich tiefe Schweigen
Meliors Stimme bricht:

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„Weh! Bologna, weh! Sich neigen

Sah ich deiner Türme Zier,
Sah ein blutig Feld der Leichen
Über deinem Herzen hier!

Weh! in deinen Eingeweiden

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Reget sich ein Drachenkind,

Und es streun die dunklen Zeiten
Deine Asche in den Wind!

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_257.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)