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Beichte will ich ihm ablegen,
Meiner armen Seel zum Troste!“ –

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„Soll ich nicht zum Wald erst gehen,

Vater, und die Kräuter holen,
Weil ich sie wohl alle kenne,
Außer Teufelsfuß und Krone?“

„Nein, ich muß sie selber brechen

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Unter Tränen, fromme Tochter;

Wo ich gehe, liege, stehe,
Blühen sie ja allerorten!

Gehe nun, mein Kind, und flehe
Für mich um die Gnade Gottes!

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Mein Bekenntnis abzulegen,

Will indes mein Herz ich ordnen.

Nimm die Fackel, die ich gestern
Einer Schlange gleich geformet,
Am Altare laß sie brennen,

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Bei der Mutter Totenopfer!“


Und sie nimmt die Fackel betend;
Ihre Tränen niederflossen
Auf den Alten, der sie segnet,
Und sie wandelt aus der Pforte.

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Wie sie durch den Garten gehet,

Weinen morgenlich die Rosen,
Und in tiefen Träumen wehen
Über ihr des Waldes Kronen.

Und es wirft schon durch die Stämme

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Ihre Strahlen hin Aurore.

Aber sieh! zur Link und Rechten
Glüht am Himmel heut der Morgen.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_286.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)