Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 287.jpg

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Doch jetzt sieht bei der Kapelle
Sie ins Tal herab von oben:

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Weh! die Röte ihr zur Rechten

Ist des Pietro Hütte lodernd.

Nieder durch die Felsenwege
Eilt sie, achtet nicht der Dornen.
Da sie zu dem Garten gehet,

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Fühlt ihr Fuß den glühen Boden.


Und der Hütte Asche hebet
Wild empor der Sturm des Morgens,
Der sich sonst zu wiegen pflegte
In dem Busen tausend Rosen.

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Als sie durch den Garten gehet,

Lief um sie die wilde Lohe,
Schlangen, Drachen, sengend, brennend
Blum und Baum und Laubenbogen.

„Pietro, Pietro!“ ruft sie bebend,

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„Ob er in der Glut gestorben?“

Sieh, bei jener weißen Rose
Steht er, die sie ihm geschenket.

Alle Bäume rings gefället
Hat er zu dem Schutz der Rose,

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Und ihr immer Wasser gebend

Geht und kehrt er zu dem Bronnen.

Als die Jungfrau er gesehen,
Spricht er: „Du hast lang verzogen,
Dich zum Opfer einzustellen,

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Das zu deiner Ehre lodert!


Alles, was du hast verschmähet,
Hat die Flamme angenommen,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_287.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)