Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 293.jpg

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Und er warf mir in die Seele
Einen Brand, der ewig lodert,

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Der den Garten mir verzehrte,

Der mich selbst noch treibt zum Tode!“

Rosablanka rief nun: „Wehe,
Wehe dir, du Höllenbote!
Apo ist es nicht gewesen,

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Wahrhaft sprach der Vater Kosme.


Deinen Schritt zurück noch wende,
Du erweckende Aurore,
Lasse, was der Böse säte,
Nicht erblühn in deiner Sonne!

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Schauertrunkne Nacht, o kehre!

Decke, die du tot geboren,
All die Lügen und Gespenster
Unterm Dunkel deines Zornes!“

Also spricht sie. Doch es stehen

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Glühnd des Morgens goldne Kronen,

Zeugen ihres Angstgebetes,
Auf Bolognas hohen Domen.

Und da sie beisammen stehen
Bei der Linde, bei dem Bronnen,

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Sich schon Tagesstrahlen senken

In den Schein der Mutter Gottes.[1]

„Pietro,“ spricht sie, „Gottes Segen
Leuchte dir in deinem Zorne!“
Scheidend sah er da die Tränen,

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Die ihr aus den Augen quollen.


Und sie sah verwirrt umwehen
Finstre Stirn die dunkeln Locken;

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [403] Die Handschriften haben hier das Wort „Schein“, während es in den Drucken in Schrein korrigiert ist. Schein ist offenbar richtig. Die Statue hatte einen Heiligenschein von Metall, in dem die ersten Sonnenstrahlen erglänzten.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_293.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)