Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 334.jpg

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Wie ein Trauerhaus bekleidet,
Steht umwölkt das Himmelstor;

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Sonnenlos, leidtragend schreitet

Bleich der junge Tag hervor.

Asche auf die Hügel streuend
Wandelt hin der Göttersohn,
Und Aurora weint bereuend,

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Daß er ihrem Schoß entflohn.


Und sie spricht: „Aus schweren Träumen
Aufgeschrecket muß ich schon
Dir mit blutgem Purpur säumen
Deiner Trauer trüben Thron.

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Wo die Nacht den Flügel breitet

Über Schlaf und über Tod,
War mein Lager heut bereitet
Unter böser Träume Not.

Boten auf und nieder steigen

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Zwischen Erde, zwischen Mond,

Sah ich zu des Abgrunds Reichen,
Wo die Brut des Fluches wohnt.

Einen hört ich freuig schreien,
Der etwas verkünden wollt,

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Und zur Erde niederstreuen

Blätter, deren Schrift von Gold.

Dann in wunderbaren Weisen
Sang er stammelnd Gottes Lob,
Der zu höhern Lichtes Kreisen,

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Sein erbarmend, ihn erhob.


Er verschwand mit Benedeien,
Und zum Grund vom blauen Dom

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_334.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)