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Zog hinab mit Maledeien
Ein gespenstisches Phantom.

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Mit der Taube und dem Weibe

Sah ich unter Fluch und Spott
Sein Kamel zum Abgrund treiben
Den verbuhlten Sarabot.

Und er riß vorüber schleichend

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Mir vom Haupt des Schlafes Mohn,

Und ich harrte weinend, schweigend
Dein, mein lichter Freudensohn!“

Also sang Aurora leise,
Während still der Tag aufzog,

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Und versank im ewgen Gleise,

Das ihr lichter Sohn durchflog.

Aber auf dem Turm alleine
Harret Apo zornestoll;
Daß ihm Moles nicht erscheine,

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Füllet ihn mit bitterm Groll.


Es erkaltet schon die Leiche,
Deren Herz noch blutend quoll,
Und die Wangen schon erbleichen
Und die Lippe rosenvoll.

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Und er legt metallne Scheiben

Ihr auf Augen, Brust und Schoß,
Um ihr Blut zurückzutreiben
Durch geheimer Kräfte Stoß.

Nieder reißt er ihre Kleider;

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Ach, sie hüllt kein schamhaft Rot!

Doch ihr Leichnam nackt und heiter
Ist geheiligt in dem Tod.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_335.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)