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Spott ich Gottes Herrlichkeiten,
Tödlich wird mir nie der Spott.

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Stift ich tausend Bubereien,

Gehn sie alle auf ein Lot;
Das unendliche Verzeihen
Hilft dem Herrn aus aller Not.

Als ich in der Wüst allein

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Ihm die Erdenschätze bot,

Macht er aus dem dummen Steine
Mir zulieb nicht einmal Brot.

Ohne Freude muß ich teuflen,
Und mein Werk wird all zu Kot,

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An dem ewgen Leben zweiflen,

Und erzweifle nie den Tod!

Was ich mühsam hab geleimet,
Ist und bleibt ein schlechter Klotz,
Und in jedem Kraute keimet

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Gegen meine Werke Trotz!


Nichts kann ich zu Ende treiben,
Ach, ein Ende wär ein Lohn!
Das Unendliche vertreiben
Kann nicht all mein Spott und Hohn.

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Ewig elendes Arbeiten,

Null ist mir wie Million,
Wer den Knoten könnt zerschneiden:
Sohn ist Vater, Vater Sohn!

Arm, blutarm bin ich ein Teufel,

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Mutterlos und vaterlos,

Bös erzeuget von dem Zweifel
In der Lüge dunklem Schoß.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_339.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)