Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 344.jpg

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Dems der freche Papageie
Der Herodias entzog,

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Und mit einem Freudenschreie

Fand sie es in seinem Trog.

Bei der blutgen Weihnachtsfeier,
Bei der Kindlein lustgem Mord,
Daß er tanz nach ihrer Leier,

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Schenkt sie es dem Vater dort.


Und das Ringlein war ihm teuer,
Es besiegelte sein Wort;
Doch es lief ein ungetreuer
Diener mit dem Ring ihm fort.

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Und der Ring kam immer weiter,

Keinem hat er noch gefrommt,
Außer dir, mein Herr Hochzeiter,
Dessen Braut er wohl bekommt.

Meines Leibes bist du Meister

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Bis zum Gürtel und dem Schoß;

Leider zwingen alle Geister
Diese Last mir nimmer los!

Könnt ich dir den Schlüssel reichen,
Wär ich deiner Lust Genoß;

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Aber er ist mir nicht eigen,

Mir gehöret nur das Schloß.

Alles geb ich, nur verweigern
Muß ich dir den Schlüssel bloß,
Deine Kunst, kannst du sie steigern,

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Ringt vielleicht dem Feind ihn los.


Ich will offen dich begleiten,
Nach Belieben, wann und wo;

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_344.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)