Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 347.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Moles spielet auf der Geige
Ein vermaledeites Chor.

445
Und in buhlerischem Eifer

Tanzet, wie der trunkne Lot,
Mit der Braut er einen Schleifer
In fatalem Teufelstrott.

Älia Lälia Crispis schreiet

450
Mit verruchtem, giftgem Ton,

Und Biondettens Kehl entweihet
Eines frechen Liedes Hohn.

Dies gefällt nicht ganz dem Meister,
Und er spricht: „Verschon mein Ohr!“

455
Mit Biondettens Stimme heißt er

Singen sie den Hochzeitschor.

„Denn du sollst Biondette scheinen,
Die zum Freunde ich erkor,
Und die Stadt soll sie beweinen,

460
Daß sie sich an mich verlor.


Alle sollen mich verschreien,
Und um Silber und um Gold
Will ich ihren Festen leihen
Meine Freundin süß und hold!“

465
Und die Jungfrau spricht: „So sei es!

Lieb ich gleich nicht jenen Ton,
Freut sich gleich des frechen Schreies
Mehr ein freier Musensohn,

Lieb ich lügend doch zu gleißen;

470
Und zweideutig will ich Gott

Dir in schiefen Weisen preisen,
Mir zum Lobe, ihm zum Spott!

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_347.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)