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Und da wird der Feind ihm zeigen
Alle weiten Herrlichkeiten,

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Wie die Flüsse silbern schleichen,

Wie die Ufer sie begleiten.

Sonnenschein auf Bergesgipfeln,
Dämmerung in grünen Talen,
Sang und Lust in Waldeswipfeln,

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Hochgetürmter Städte Prahlen,


Schiffe segelnd, Wolken ziehend,
Schlosses Dach im Abend glühend,
Schatten übers Meer hinfliehend,
Und ein ganzer Frühling blühend.

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Alles wird der Feind ihm zeigen;

Doch er wird es nicht verlangen,
Und die Welt wird sich ihm neigen,
Er wird nur am HImmel hangen.

Freudig ohne niedern Kummer

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Wird er an die Erde sinken,

Betend dann in selgem Schlummer
Eines guten Traums ertrinken.

Überm Haupt die Jakobsleiter,
Wird er mit der Engel Reigen

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In den offnen Himmel heiter

Zu geliebten Seelen steigen.

Also wird ihm einst geschehen,
Den jetzt solche Schläge schlagen,
Daß er ganz versteint in Wehen –

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Dies wollt ich zum Trost uns sagen.


Unbemerkt im eignen Leide,
Knieet Pietro in der Kammer,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_362.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)