Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 367.jpg

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Ach, wer sieht, sich zu erbauen,
Solch ein heilig Bild genug!

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Mit dem Kreuz vorüberziehen

Erst die Priester, traurig singend,
Und das Volk liegt auf den Knieen,
Chöre durch die Lüfte schwingend.

Und die Schwermut der Posaunen

450
Windet sich durch Litaneien,

Die vorm Ewigen erstaunen,
In der Zeit um Hilfe schreien.

Ihnen folgen fromme Orden,
Ewige Gebete lallend,

455
Vor den Kreuzen allerorten

Auf das Antlitz niederfallend.

Und nun treten schwarze Nonnen
Um den Sarg, in weißen Schleiern,
Wie die Strahlen einer Sonnen,

460
Dieser Frommen Tod zu feiern.


Aber sie auch müssen gehen,
Denn jetzt nahn die Tiefbetrübten;
Seht der Kindlein Fahne wehen,
Traurig bei der Hochgeliebten!

465
Agnus castus mit dem Lamme

Führt die Mägdlein und die Knaben,
Die mit einem Blumendamme
Nun der Hirtin Sarg umgaben.

Und mit kindisch süßem Flehen

470
Drängt die Schar zu ihren Füßen;

Jedes Kindlein will sie sehen
Und die milden Hände küssen.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_367.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)