Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 370.jpg

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Wie ein Christ scheint Jacopone,
Der getrost zum Tode gehet,

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Dem die blutge Martyrkrone

Aus dem Himmel niederwehet.

Hinter ihm kommt Rosablanke,
Mit der Blumen süßem Glanz,
Als ob sie vom Himmel schwanke

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Zu ihm mit dem Martyrkranz;


Wie ein Engel ungetrübet,
Doch umhaucht von irdschem Leid,
Weil der Herr die Menschen liebet,
Die um ihn bestehn den Streit.

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Ihr zur Rechten Meliore,

Wie ein unbesiegter Held
Unter einem Sklavenheere
Durch der Brüder Leichenfeld.

Er ist nach dem Kranz gesprungen,

550
Fesseln haben ihn umringt,

Er hat selbst das Lied gesungen,
Das der Feind jetzt um ihn singt.

Aber der ist unbesieget,
Der ein Dichter und ein Held,

555
Weil er in dem Himmel wieget

Seines Schmerzes giftge Welt.

Und es steigt an seinem Leiden
Heilend Sonn und Mond empor,
Unter Sklaven kann er schreiten,

560
Wie ein Sänger in dem Chor.


Er ist einsam im Getümmel,
Und er geht in selgem Traum,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_370.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)