Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 376.jpg

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Ich bin dir nicht untergeben,
Ich bin kein Vasall des Staates,

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Wer kann sich gen mich erheben,

Als der Rektor des Senates?

Und vor allem mußt du wissen,
Daß ich, von des Volkes Menge
Wider Willen fortgerissen,

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Hier gekommen ins Gedränge.


Könnt man doch nicht prächtger trauern,
Wär die Republik gestorben,
Die sich in Bolognas Mauern
Wechselfiebernd hat verdorben.

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Da ich all die Glocken hörte

Rufen, mit der Zunge Erz,
Gen die Einsamkeit empörte
Sich im Busen mir das Herz.

Und ich glaubte, man bereite

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Für Biondetten diese Feier,

Weil sie ausgesagt, sie kleide
Heut sich in den Nonnenschleier.

Und so führte ich hier nieder
Meine Freundin von der Zelle,

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Daß sie durch die Macht der Lieder

Euch, was sie beschloß, erhelle.

Doch die Zeit scheint nicht gelegen,
Alles fühlt des Todes Schauer,
Und ich seh auf allen Wegen

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Eine übermäßge Trauer.


Zieht die Republik zu Grabe
Hier auf unserm Heereswagen,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_376.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)